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„Du mich auch...!“ Rechtstipps
Rechtstipps für den Umgang mit Beleidigungen

Heute schon beleidigt worden? — Nicht nur in der Politik, sondern auch „auf der Straße“ ist die Beleidigung ein Massendelikt. Manchmal ist es sinnvoll, verbale Ausfälle nicht herunterzu-schlucken, sondern gerichtlich zu verfolgen. Auch Politiker tragen ihre Beleidigungen schließlich öffentlich aus. Das kann nicht nur Genugtuung verschaffen, sondern  zudem taktisch empfehlenswert sein. 

Im Frühjahr wackelte der Stuhl von Bundesumweltminister Jürgen Trittin. Er hatte CDU-Generalsekretär Laurenz Meyer an den Kopf geworfen, der habe nicht nur das Aussehen, sondern auch die Mentalität eines Skinheads. Die meisten Beleidigungen von Politikern, Journalisten und Kabarettisten sind nach
§ 193 Strafgesetzbuch (StGB) nicht rechtswidrig. Sie unterliegen in den täglichen öffentlichen Debatten dem Grundrecht auf  freie Meinungsäußerung. Dieses weitgehende Recht haben — in Grenzen — auch andere Bürger. Vor Gericht etwa darf man den Gegner mit harschen Attacken angreifen. Hier gilt § 193 StGB. Auch wer sich in den Medien zu einer gesellschaftlichen Frage äußert, darf zu ehrverletzenden Worten greifen. Beispiel: Frau Müller schreibt einen Leserbrief und nennt den wegen Bestechung beschuldigten Bürgermeister einen „Halunken“. Das Recht auf freie Meinungsäußerung hat in der öffentlichen Debatte selbst dann Vorrang gegenüber dem Ehrenschutz,  wenn die Ehrverletzung eine unwahre Tatsachenbehauptung enthält („Die Sachbearbeiter der Treufinanz wissen nicht mal, was Betriebskosten sind“). 

 

Kein Recht zur Schmähkritik

Allerdings sind reine Tatsachenbehauptungen mit beleidigendem Inhalt nicht von der freien Meinungsäußerung geschützt („Der Arzt Dr. Maier hat sich durchs Examen geschummelt“). Strafbar ist außerdem Schmähkritik. Wer jemanden mit übelsten Schimpfworten übergießt, macht sich strafbar, selbst wenn er die öffentliche Diskussion bereichert. Fazit: Wer öffentlich beleidigt wird, sollte sich gut überlegen, ob eine gerichtliche Verfolgung aussichtsreich ist.  Leichter zu beurteilen sind dagegen alltägliche Beleidigungen: Der Vermieter beschimpft  den Mieter im Flur als „Drecksschwein“, der Autofahrer zeigt einem Radler den „Stinkefinger“ — klare Beleidigungen. Hier verschafft Strafverfolgung oft Genugtuung, wie das Beispiel der Autofahrerin H. G. aus Berlin zeigt. Ein Autofahrer bremste nach einem Spurwechsel scharf. Frau G. hupte. Darauf rief er ihr zu: „Du Arschloch, Du Schwein!“ Frau G. erstattete Anzeige bei der Polizei. Die Beamten legten ihr Fotos vor; sie konnte den Fahrer zuordnen. Daraufhin kam das Verfahren zur Amtsanwaltschaft. Die teilte dem Beschuldigten mit, sie werde das Verfahren einstellen, wenn er innerhalb von zwei Monaten 500,-DM an die Justizkasse zahle. Der Beschuldigte stimmte zu. Manchmal kann der Beleidigte die Ehrverletzung auch in einen gerichtlichen oder außergerichtlichen Vergleichs einbringen. Motto: „Ich nehme meinen Strafantrag zurück, wenn Sie meiner Forderung nachkommen.“ 
 

Sinnvoll ist ein Vergleich 

Dies gelang Arbeitnehmer B. in einem Kündigungsschutzprozess. Nach der ungerechtfertigten Kündigung hatte der Geschäftsführer den B. beleidigt: „Sie sind ja unfähig!“ B. stellte Strafantrag. Der Geschäftsführer fürchtete um seinen Ruf. Um ihn zu einem Vergleich vor dem Arbeitsgericht zu bewegen, bot B. ihm an, seinen Strafantrag zurückzunehmen. Die im Raum stehende Anzeige erhöhte  übrigens die Bereitschaft, eine hohe Abfindung zu zahlen.... 

Sinnvoller als eine Privatklage vor dem Strafgericht ist meist ein außergerichtlicher Vergleich. Auch die Versöhnungschancen sind größer — wichtig, wenn die Parteien miteinander auskommen müssen. 
 

Steckbrief der Strafvorschriften

Keine „Exoten“: Üble Nachrede und Verleumdung...

Im Alltag werden beide Strafvorschriften oft synonym verwendet. Üble Nachrede begeht, wer nicht erweislich wahre Tatsachen über einen anderen behauptet oder verbreitet, die diesen verächtlich machen. Beispiele: „Ich glaube, Herr Müller hat den Chef bestohlen“; oder: „Ich habe gehört, Frau Maier feiert auf den Malediven krank“. Ob die Behauptung wahr ist, muss der Strafrichter herausfinden. Der Wahrheitsbeweis verschont aber nicht immer vor Strafe. Wenn die (wahre) Tatsache nämlich in herabsetzender Weise behauptet oder verbreitet wurde, ist eine Verurteilung wegen Beleidigung möglich (§ 192 StGB). Strafschärfend ist, wenn der Täter die üble Nachrede öffentlich begangen hat.
Eine Verleumdung begeht, wer wider besseres Wissen eine unwahre Tatsache behauptet oder verbreitet, die jemanden verächtlich machen kann (§ 187 StGB). Dazu zählen auch Tatsachen, die geeignet sind, einen Kredit konkret zu gefährden; hier muss die Behauptung nicht  kränkend sein. 

 

Wechselseitige Beleidigungen

Wenn zwei sich beleidigen, können beide straffrei sein

Mancher, der in seiner Ehre verletzt ist, vergisst, dass er den Ehrabschneider ebenfalls beleidigt hat. § 199 StGB sieht vor: Wenn eine Beleidigung auf der Stelle erwidert wird, so kann der Richter beide Beleidiger oder einen derselben für straffrei erklären. „Auf der Stelle“ ist nicht lediglich zeitgleich, sondern vor allem psychologisch zu verstehen: Die Erregung des zuerst Beleidigten muss noch andauern. Zulässig ist auch die Aufrechnung mit einer Beleidigung, die nicht mehr verfolgt werden kann, weil die Antragsfrist verstrichen ist.  Der Richter entscheidet nach pflichtgemäßem Ermessen; eine Revision ist nicht möglich. „Straffrei“ heißt  nicht: „freigesprochen“ sein! 
 

Beleidigungsprozesse

Wie kommt der Beleidiger vor den Richter?

Die Justiz verfolgt Beleidigungen nur, wenn der Verletzte (bei Amtsträgern: der Dienstvorgesetzte) binnen von drei Monaten einen Strafantrag stellt. Der Verletzte kann den Beleidiger mit einer Privatklage  anklagen. Er verfolgt so den staatlichen Strafanspruch. Voraussetzung ist  der erfolgloser Sühneversuch vor einem Schiedsmann. Kommt ein Sühnevergleich zustande, ist die Klage unzulässig. Der Staatsanwalt kann die Verfolgung übernehmen, jemand eine Privatklage erhoben hat. Er klagt von Amts wegen Beleidigungen nur bei öffentlichem Interesse an; etwa, wenn die Ehrenkränkung erheblich ist oder dem Verletzten wegen persönlicher Beziehungen zum Täter nicht zugemutet werden kann, eine Privatklage zu erheben.


 
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